Datenerhebung erklärt in 5 Schritten
Interview mit Bettina Klumpe vom ADM
Wir wissen: Markt- und Sozialforschung ist ein sehr komplexes Themengebiet, das für viele mit Fragezeichen behaftet ist. Oftmals auch mit Skepsis und Vorurteilen hinsichtlich Seriosität und Validität. Aus diesem Grund werden wir euch ab sofort in unseren News „backstage“ lassen und in einzelnen Beiträgen erklären, wie unsere Arbeit funktioniert, wieso sie so wichtig ist und wie wir die Qualität unserer Studien sichern.
Den Anfang macht Bettina Klumpe, Geschäftsführerin des ADM (Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e. V.), die in diesem Interview beschreibt, wie die Datenerhebung in Studien in der Markt- und Sozialforschung abläuft.
Bettina, kannst du uns die wesentlichen Schritte erklären, wie Datenerhebung in der Markt- und Sozialforschung funktioniert?
Na klar! Ich mache das mal am Beispiel von Befragungen, über die z. B. im Fernsehen, in Zeitungen oder auch im Internet berichtet wird. Zur Datenerhebung werden dafür meistens größere sogenannte Stichproben befragt, vielleicht tausend oder mehr Menschen. Im Gegensatz dazu gibt es auch sogenannte qualitative Studien, bei denen z. B. Gruppendiskussionen oder Tiefeninterviews durchgeführt werden. Für diese braucht man aber ein gesondertes Interview.
Generell muss klar sein: jede Studie hat ihre speziellen Herausforderungen. Dadurch kann auch die Herangehensweise bei jeder Studie unterschiedlich sein. Aber im Wesentlichen kann man sich wohl auf die folgenden Schritte einigen:
- Klären des Studienziels und Zielgruppendefinition
- Auswahl der Methoden
- Entwicklung eines Fragebogens
- Datenerhebung
- Datenauswertung und – falls gewünscht – Präsentation sowie Handlungsempfehlungen
1. Klären des Studienziels und Zielgruppendefinition
Beginnen wir ganz am Anfang: Eine Kundin oder ein Kunde möchte eine Studie in Auftrag geben und wendet sich an ein Markt- oder Sozialforschungsinstitut. Was passiert jetzt?
In der Regel stehen die Auftraggebenden mit einem bestimmten Thema vor einem Problem. Egal, ob zu gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Fragen – sie benötigen eine verlässliche Datenbasis, auf deren Grundlage sie Entscheidungen treffen können.
Hier kommen häufig die Institute ins Spiel. Gemeinsam mit den Auftraggebenden wird abgesteckt, welches Problem angegangen werden und welchen Erkenntnisgewinn mittels Datenerhebung die Studie bringen soll.
Hierbei ist es von höchster Relevanz, welche Zielgruppe Im Fokus steht. Das heißt, im ersten Schritt wird gemeinsam die Zielgruppe festgestellt, die für die Datenerhebung relevant ist. Will ich z. B. die gesamte Bevölkerung im Blick haben oder sind es nur bestimmte Käufer*innengruppen. Vor Beginn einer Studie muss eindeutig sein, für welches Problem Antworten gesucht werden. Das klingt jetzt vielleicht trivial, ist es aber nicht. Manchmal ist seitens der Auftraggebenden nicht klar, was überhaupt die Problemstellung ist. Welcher Erkenntnisgewinn soll durch eine Danenerhebung erzielt werden?
Und auch die Fallzahl ist wichtig. Je größer die Fallzahl, umso geringer sind die Fehlertoleranzen der Ergebnisse. Zudem ist wichtig, wie weit man in die „Tiefe“ der Stichprobe schauen will. Oft liest man von Stichproben mit tausend Teilnehmer*innen. Es gibt aber auch kleinere oder auch viel größere Stichproben. Wenn diese repräsentativ sein, also ein Abbild der Bevölkerung zeigen sollen, muss es für alle Bevölkerungsgruppen zumindest theoretisch möglich sein, in die Stichprobe zu gelangen.
2. Auswahl der Methoden für die Datenerhebung
Wie entscheidet sich, nach welcher Methode die Datenerhebung erfolgt?
Die Befragungsmethode richtet sich nach der Zielgruppe und dem Inhalt der Untersuchung. Die Frage ist, wie ich meine Zielgruppe am besten erreichen kann.
Häufig sind hierfür auch Kombinationen von Erhebungsverfahren notwendig. Insbesondere dann, wenn man alle Zielgruppen in der Bevölkerung erreichen will. Oft werden die folgenden Methoden oder Kombinationen daraus für die Befragung verwendet:
- Interviews in einem Online-Panel
- Telefonische Interview
- Persönliche Interviews
- postalische Interviews
3. Entwicklung eines Fragebogens
Die Zielgruppe ist abgesteckt. Wie geht es weiter? Wer entwickelt die Fragen für den Fragebogen? Der Auftraggeber oder das Institut für Markt- oder Sozialforschung?
Die Markt- und Sozialforscher*innen, müssen es schaffen, die Problemstellung des auftraggebenden Unternehmens oder der auftraggebenden Institution so weit herunterzubrechen, dass diese am Ende sagen: Genau das ist es, was wir wissen müssen, um eine Entscheidung zu treffen. Dann kann der Fragebogen entwickelt werden. Der Umfang sollte jedoch nicht zu lang sein. Man muss sich immer fragen, ob eine Info wirklich relevant ist oder nur nice to have. Am Ende sollte der Fragebogen nur die wesentlichen Fragen enthalten. Diese sollten immer klar, eindeutig und einfach formuliert sein. Denn jede Frage, die eine Rückfrage aufwirft, muss von den Interviewenden erklärt werden und kann damit die Antwort der Befragten beeinflussen. Dabei helfen ein paar Grundregeln: Fremdwörter sind zu vermeiden, insbesondere bei Bevölkerungsumfragen. Auch doppelte Verneinungen oder andere „Gehirnakrobatik“ sind tabu.
Wichtig ist außerdem der Aufbau des Fragebogens. Mit welcher Frage fängt er an und beeinflussen sich die Fragen eventuell gegenseitig? All das muss gut überlegt und berücksichtigt werden.
4. Datenerhebung
Wie kommt man dann an die Antworten?
Sind Zielgruppe, Fragebogen und Erhebungsmethode festgelegt, startet die Datenerhebung. Bei telefonischen und bei persönlichen Interviews werden für die Erhebung der Daten Interviewer*innen eingesetzt. Bei Online-Interviews werden sogenannte Panels genutzt, für die die Teilnehmenden zuvor rekrutiert wurden.
Da es immer passieren kann, dass Zielpersonen nicht beim ersten Kontaktversuch erreicht werden, ist es unerlässlich, dass ausreichend Zeit für die Befragung eingeplant ist. Je länger sich der Befragungszeitraum erstreckt, desto positiver wirkt sich das auf die Teilnahmequote aus.
Zudem werden die erhobenen Daten natürlich noch einem Qualitätscheck unterzogen. Hierfür gibt es neben Plausibilitätskontrollen durch die Markt- und Sozialforscher*innen auch Software, die diese Kontrollen unterstützen. Das geschieht während der Feldphase, aber auch nochmals bei der Datenauswertung.
5. Datenauswertung
Wie entsteht ein aussagekräftiges Studienergebnis?
In der Datenauswertung werden die erhobenen Daten nochmals geprüft. Hierbei wird unter anderem auch geprüft, ob es in den ausgefüllten Fragebögen sogenannte „Antwortmuster“ gibt, die darauf schließen lassen, dass die Interviews nicht korrekt ausgefüllt wurden. Solche Interviews werden dann aus dem Datensatz gelöscht. Das gleiche gilt für Interviews, die durch Bots beantwortet wurden. Dies kann bei Online-Befragungen ein Problem sein.
Anschließend werden die Daten dann in Form von Tabellen, Charts oder Grafiken ausgewertet. Die relevanten Key-Facts werden herausgearbeitet und und dem Auftraggebenden präsentiert. Im Idealfall entwickelt das Institut dann noch Handlungsempfehlungen.
Vielen Dank, Bettina!
Ganz schön komplex so eine Datenerhebung. Ihr habt noch Fragen?
Kein Problem. Denn demnächst versorgen wir euch an dieser Stelle mit weiteren Insights der Markt- und Sozialforschung. Bis dahin bleibt gerne über unsere Kanäle auf Instagram und Facebook auf dem Laufenden.