Studie: Zwei Drittel der Deutschen sehen Gesellschaft als zerrüttet
Mehrheit der Bürger sieht eine Spaltung der Gesellschaft
Berlin, 10. August 2021 – Laut einer aktuellen Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos sieht eine Mehrheit der Bürger*innen in Deutschland eine Spaltung der Gesellschaft. Viele fühlen sich von der „Elite“ ausgeschlossen.
Den Ergebnissen zufolge halten 61 Prozent der Bundesbürger*innen die Gesellschaft für zerrüttet. Nur 13 Prozent widersprechen dieser Aussage. Insgesamt zeigen sich in Deutschland im internationalen Vergleich wesentlich weniger populistische, anti-elitäre und anti-migrantische Tendenzen als in den meisten anderen der 25 befragten Ländern. Vor allem in Südafrika (74 %), Ungarn (72 %) und Brasilien (72 %) nehmen die Menschen besonders häufig eine starke gesellschaftliche Spaltung war.
Große Kluft zwischen Normalbürger*innen und der Elite
64 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die größte Kluft in der deutschen Gesellschaft zwischen normalen Bürger*innen und der politischen sowie wirtschaftlichen Elite besteht. Demzufolge ist auch der Anteil der Befragten klein, die sich selbst zur Elite in Deutschland zählen. Nur 14 Prozent ordnen sich selbst bis zu einem gewissen Grad als Elite ein. 49 Prozent der Deutschen fühlen sich „definitiv nicht“ als Teil der Elite. Auch werden anti-elitäre Einstellungen in Deutschland geteilt. So sind 66 Prozent der Meinung, dass Wirtschaftssystem sei zugunsten der Reichen und Mächtigen manipuliert. 73 Prozent glauben, dass Politiker*innen immer einen Weg finden, um ihre Privilegien zu schützen. Zudem glauben 64 Prozent, dass sich die Elite nicht für hart arbeitende Menschen interessiere und 53 Prozent glauben, dass Expert*innen in diesem Land nicht die Lage von Menschen wie ihnen selbst verstehen.
Die Mehrheit befürwortet Volksabstimmungen
53 Prozent der Deutschen finden, dass die wichtigsten politischen Themen direkt vom Volk über Abstimmungen und nicht von den gewählten Vertreter*innen entschieden werden sollten. Zudem glauben 59 Prozent der Deutschen, dass sich traditionelle Parteien und Politiker*innen nicht um Menschen wie sie kümmern. Ein Anstieg von sechs Prozent gegenüber 2016. Hingegen wünscht sich nur eine Minderheit (36 %) einen „starken Anführer, der das Land von den Reichen und Mächtigen zurückerobert“ und „bereit ist, Regeln zu missachten“ (23 %). Im internationalen Vergleich ist der Wunsch nach einer solchen Führungsfigur wesentlich stärker als in Deutschland.
Gespaltene Einstellung zu Einwanderung
22 Prozent der Deutschen glauben, dass Migrant*innen „echten Deutschen“ die Arbeitsplätze wegnehmen. 38 Prozent sind zudem der Meinung, dass Deutsche in Zeiten von Arbeitsplatzmangel bevorzugt behandelt werden sollten. Im Vergleich zu anderen Ländern ist diese Haltung jedoch wesentlich schwächer ausgeprägt. Im globalen Durchschnitt stimmen 57 Prozent dieser Aussage zu. Bezüglich der allgemeinen Auswirkungen von Einwanderung auf die Gesellschaft glauben 36 der Deutschen, dass Deutschland stärker wäre, wenn die Einwanderung komplett gestoppt würde. 37 Prozent stimmen dieser Aussage allerdings nicht zu.
Methodischer Hinweis
Die Ipsos Global Advisor-Studie ›Broken-System Sentiment in 2021. Populism, Anti-Elitism and Nativism‹ wurde in 25 Ländern weltweit über das Ipsos Online Panel-System durchgeführt. Zwischen dem 26. März und dem 09. April 2021 wurden 19.017 Interviews mit Erwachsenen im Alter von 18 bis 74 Jahren in Kanada, Malaysia, Südafrika, der Türkei und den USA und zwischen 16 und 74 Jahren in allen anderen Ländern durchgeführt. Die Daten wurden gewichtet, um dem Profil der Bevölkerung zu entsprechen.
Zu den untersuchten Länder gehören Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Malaysia, Mexiko, Niederlande, Peru, Polen, Russland, Schweden, Spanien, Südafrika, Südkorea, Türkei, Ungarn und die USA.
In 16 der 25 untersuchten Länder ist die Internetdurchdringung ausreichend hoch, um die Stichproben als repräsentativ für die breitere Bevölkerung in den abgedeckten Altersgruppen zu betrachten: Argentinien, Australien, Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Polen, Schweden, Spanien, Südkorea, Ungarn und USA.
Die neun verbleibenden untersuchten Länder weisen eine geringere Internetdurchdringung auf. Die Stichprobe dieser Länder repräsentiert eher die wohlhabende und gut vernetzte Bevölkerungsgruppe, die aber eine wichtige gesellschaftliche Rolle hat und die aufstrebende Mittelschicht verkörpert.
Weitere Details zur Studie können unter folgender URL abgerufen werden: https://www.ipsos.com/de-de/deutsche-fuhlen-sich-von-eliten-abgehangt-neigen-aber-weniger-zu-populismus-als-andere-nationen