Wie viel Ethik braucht Markt- und Sozialforschung?
Ja, wie viel eigentlich?
Um es gleich vorwegzunehmen: Wo große Datenmengen im Spiel sind, braucht es eine ganze Wagenladung Ethik, damit es nicht zu Datenmissbrauch kommt. Unethische Praktiken führen direkt in den Vertrauensverlust. Sie untergraben das Vertrauen und können langfristig schädliche Auswirkungen auf Unternehmen, Politik und Gesellschaft haben. Wie wichtig Ethik in der Markt- und Sozialforschung ist und wie sie geschützt wird, erklären wir dir in diesem Beitrag.

Autsch! Die Folgen unethischer Datenpraktiken
Starten wir doch gleich mit einem berühmten Skandalfall von Datenmissbrauch. Ausgelöst durch niemand geringerem als dem Social Media-Giganten Facebook.
Was war passiert? Facebook verstieß gegen die Datenschutzgesetze, als es Cambridge Analytica erlaubte, Daten von 87 Millionen Nutzer*innen zu sammeln. Ein Gesetzesverstoß gefolgt von einem saftigen Vertrauensverlust, den Facebook-Nutzer*innen mit einem kräftigen, dauerhaften Rückgang ihres Engagements auf der Plattform quittierten.
Solche Ereignisse zeigen, wie unethische Handlungen Vertrauen verspielen und damit die Wahrnehmung einer Marke beeinflussen – oft mit der Folge eines beeinträchtigten Geschäftsergebnisses.
Wann wird Markt- und Sozialforschung unethisch?
Aber wo genau beginnt eine Handlung unethisch zu werden? Was darf mit Daten gemacht werden und was nicht? Zunächst einmal gelten hierzulande für alle die gleichen Gesetze. Daran muss sich jeder halten, auch solche Firmen, die nicht in Deutschland ihren Sitz haben, hier aber ihre Produkte verkaufen oder auch Marktforschung oder Sozialforschung durchführen wollen. Hier sind einige Beispiele für unethische Praktiken in der Marktforschung:
- Verletzung der Privatsphäre: Werden Daten ohne Zustimmung der Betroffenen gesammelt oder ohne angemessene Sicherheitsvorkehrungen verwendet, verstößt das gegen die Datenschutzgrundverordnung und ist damit gesetzeswidrig.
- Täuschung: Teilnehmer müssen grundsätzlich über den Zweck der Forschung aufgeklärt werden. Die Informationen müssen immer korrekt und verständlich sein.
- Ausnutzung gefährdeter Gruppen: Niemals dürfen Kinder oder andere gefährdeten Gruppen für Forschungszwecke ausgenutzt werden. Hier muss immer die Erlaubnis der Erziehungsberechtigten eingeholt werden.
- Manipulative Praktiken: Umfragen oder Studien dürfen nie manipuliert werden, um bestimmte Ergebnisse zu erzielen, die die Realität falsch darstellen.
Der Ethik verpflichtet: Internationaler Kodex der Marktforschung
Wie kann Ethik in der täglichen Markt- und Sozialforschung-Praxis geschützt werden? Transparenz, Datenschutz, Zweck, Einhaltung von Richtlinien und Minimierung von Daten sind entscheidende ethische Grundsätze, die Unternehmen bei der Datenerhebung beachten müssen. Diese Grundsätze bilden das Fundament für eine verantwortungsbewusste Datenerhebung und -nutzung.
„Forscher müssen sich stets ethisch korrekt verhalten und alles vermeiden, was einem Forschungsteilnehmer Schaden zufügen oder den Ruf der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung beeinträchtigen kann.“ (ICC/ESOMAR 2016)
So schreibt es der ICC/ESOMAR Internationale Kodex vor. Ein Leitfaden, der von der Markt- und Sozialforschungsbranche auf internationaler Ebene selbst erstellt wurde. Er legt Standards fest, die ethische, gesetzliche und qualitative Anforderungen für sämtliche Handlungen in diesem Bereich definieren.
Der Kodex verpflichtet Markt- und Sozialforscher dazu sicherzustellen, dass die Zustimmung von Teilnehmenden zur Datenverwendung eingeholt wird und Transparenz über deren Verwendung herrscht.
Weitere Instanzen zum Schutz ethischer Standards in der Marktforschung
Zusätzlich hat sich die Markt- und Sozialforschungsbranche in Deutschland weitere Regeln auferlegt, die über den internationalen Kodex ICC/ESOMAR hinausgehen. In Deutschland werden zusätzlich noch die Richtlinien der Marktforschungsverbände wie ADM, ASI, BVM und DGOF als Maßstab angesehen.
Sie legen die Regeln für die Branche fest. So etwas nennt man auch Selbstregulierung und geht im Falle der deutschen Branche weit über die Gesetze hinaus.
Wer prüft aber, ob die zusätzlichen Regeln auch eingehalten werden?
Hierfür gibt es den Rat der Markt- und Sozialforschung, der als unabhängige Institution fungiert und Beschwerden über unethisches Verhalten in der Marktforschung untersucht und Maßnahmen zur Verbesserung der Praxis vorschlägt.
Falls ihr Beschwerden im Zusammenhang mit Markt- und Sozialforschung habt, könnt ihr diese hier melden.