Prognosen vs. Hochrechnungen: Was ist der Unterschied und warum ändern sich die Zahlen ständig?
Wir erklären das
Es ist Wahlabend, ihr sitzt gespannt vor dem Fernseher und verfolgt die ersten Zahlen – doch kaum sind sie da, verändern sie sich auch schon wieder. Erst liegt eine Partei vorne, dann rutscht sie plötzlich ab, und am Ende sieht manchmal einiges ganz anders aus. Warum passiert das? Ganz einfach: Prognosen und Hochrechnungen sind zwei völlig unterschiedliche Methoden, die oft verwechselt werden. Hier erfahrt ihr, wie sie funktionieren und warum sich die Zahlen am Wahlabend ständig verändern.

Die 18-Uhr-Prognose: Ein Blick in die Zukunft?
Punkt 18 Uhr, die Wahllokale schließen – und schon gibt es die erste Prognose. Sie basiert auf sogenannten Exit Polls, also Befragungen direkt vor den Wahllokalen. Die Wahlforschungsinstitute, wie etwa infratest dimap, befragen dabei eine repräsentative Gruppe von Wähler*innen anonym nach ihrer Stimmabgabe. Das beginnt nicht erst um 18 Uhr, sondern schon am Morgen mit der Öffnung der Wahllokale und läuft den ganzen Tag. So sollen möglichst viele unterschiedliche Gruppen berücksichtigt werden – denn Frühwähler*innen ticken oft anders als Spätwähler*innen. Ein Beispiel: Wer früh morgens wählen geht, bevor es in die Kirche oder zur Arbeit geht, wird von Wahlforscher*innen als eher konservativ eingestuft.
Aber das ist noch nicht alles: Auch Briefwahlstimmen werden in die Prognose einbezogen – obwohl diese Wähler*innen gar nicht mehr befragt werden können. Dafür greifen die Expert*innen auf das Briefwahlverhalten vergangener Wahlen zurück und nutzen Daten aus vorherigen Umfragen. So entsteht ein Gesamtbild, das um Punkt 18 Uhr als Prognose veröffentlicht wird. Und obwohl es viele Unbekannte gibt, liegen diese Prognosen meist erstaunlich nah am Endergebnis – im Schnitt nur 0,5 Prozentpunkte daneben.
Hochrechnungen: Jetzt wird’s genau!
Während Prognosen auf Umfragen beruhen, basieren Hochrechnungen auf echten Stimmen. Sobald die ersten Wahllokale ausgezählt haben, fließen ihre Ergebnisse in die Hochrechnungen ein. Dabei gibt es zwei Datenquellen: Zum einen beobachten Wahlforscher*innen stichprobenhaft die Auszählung in bestimmten Wahllokalen, zum anderen greifen sie auf die offiziellen Zahlen zurück, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht.
Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Briefwahl, denn oft entscheiden Briefwähler*innen über knappe Wahlausgänge. Deshalb beobachten Wahlforschungsinstitute gezielt ausgewählte Briefwahlbezirke, um möglichst früh belastbare Zahlen zu erhalten. Im Laufe des Abends werden immer mehr Stimmen gezählt, sodass die Hochrechnungen immer genauer werden – bis schließlich die Bundeswahlleiterin das vorläufige amtliche Endergebnis bekannt gibt.
Warum ändern sich die Zahlen ständig?
Viele fragen sich: Wenn es um 18 Uhr schon eine Prognose gibt, warum sieht das Endergebnis dann manchmal ganz anders aus? Hier die wichtigsten Gründe:
- Von Umfrage zu echten Zahlen: Die Prognose beruht nur auf Befragungen, die Hochrechnungen hingegen auf tatsächlichen Auszählungen. Sobald reale Stimmen einfließen, können sich die Verhältnisse verschieben.
- Die Reihenfolge der Auszählung: Nicht alle Wahlkreise melden ihre Ergebnisse gleichzeitig. Häufig sind kleine, städtische Wahlkreise zuerst fertig, während große oder ländliche Regionen länger brauchen. Dadurch kann sich das Bild im Laufe des Abends noch drehen.
- Briefwahl als Gamechanger: Briefwahlstimmen werden oft später ausgezählt – und sie können das Ergebnis noch einmal stark beeinflussen. In manchen Fällen haben Briefwähler*innen ein anderes Wahlverhalten als diejenigen, die am Wahltag vor Ort abstimmen.
Warum gibt es Unterschiede zwischen Prognosen und Endergebnissen?
Manchmal liegen Prognosen erstaunlich nah am Endergebnis – manchmal aber auch nicht. Das liegt an mehreren Faktoren:
- Stichprobenverzerrung: Die Exit Polls basieren nur auf einer begrenzten Anzahl von Befragungen. Wenn sich das Wahlverhalten in anderen Wahllokalen davon unterscheidet, kann die Prognose danebenliegen.
- Geheimhaltung: Nicht jede*r möchte in einer Umfrage direkt nach der Wahl die eigene Entscheidung preisgeben. Das kann die Prognose verfälschen.
- Späte Stimmen: Briefwahlstimmen werden oft später ausgezählt. In manchen Fällen kann das das Endergebnis noch einmal spürbar verändern.
Fazit: Nicht verrückt machen lassen!
Wenn ihr das nächste Mal an einem Wahlabend vor dem Fernseher sitzt und euch wundert, warum sich die Zahlen ständig ändern: Bleibt entspannt! Das ist völlig normal. Die Prognose gibt eine erste Richtung vor, aber erst die Hochrechnung bringt uns Schritt für Schritt zum endgültigen Ergebnis. Und weil Sorgfalt vor Eile geht, steht das offizielle Endergebnis erst Stunden oder manchmal auch Tage nach der Wahl fest. Also: Bleibt gelassen und trinkt ein paar Tassen Tee – die finale Zahl kommt bestimmt!